Von Weihnachten, Sylvester, den Wünschen und dem schlechten Gewissen

Roland Engert

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Allgemein

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Vorweihnachtsstress, Familienstress an Weihnachten, einige Kilos zuviel, was schenke ich, was kann der Beschenkte unmöglich übertrumpfen. Wen darf ich nicht vergessen, wer erhält eine Karte, wer erhält eine Mail, wen muß ich unbedingt anrufen. Die meisten kennen diese Situationen oder in ähnlicher Form.

Fragt man die Leute, so wird man immer die Antwort erhalten: “Nein, ich nicht. Das sind die anderen”.
Jeder wird dieses weit von sich weisen, als ob es eine Sünde wäre sich von dem Konsumrausch und den Verpflichtungen in Beschlag nehmen zu lassen. Also tun es die Leute heimlich und was man heimlich tut, macht man mit schlechtem Gewissen. Soll doch Weihnachten eine “state” Zeit sein, wie man im bayerischen sagt; die besinnliche und ruhige Zeit.

In der Zeit der Besinnung sich nicht zu besinnen wäre eine Sünde, nichts zu schenken anscheindend auch. So entsteht ein Spagat zwischen dem idealen Weihnachtsbild und dem Konsum und wir versuchen am Fest der Nächstenliebe uns die Liebe zu erkaufen.

Schenken ist eine alte Tradition und es sind schon Völker daran zugrunde gegangen. Schenken ist ein Geben und Nehmen und der Beschenkte will auf keinen Fall ohne Gegengeschenk dastehen, will meist noch etwas drauf legen. So entsteht eine Stimmung des Belauerns, was könnte mir wer schenken? Mit was könnte ich besser da stehen, zumindest gleichwertig.
Wie schön sind doch da Geburtstage. Man kann sich über das Geschenk freuen, der Schenkende kann sich der Freude hingeben, etwas gutes getan zu haben und keiner der Parteien kommt in den Abwägungsstreß, welches Geschenk hat welche Wertigkeit. Das tritt erst verzögert auf, wenn der andere Geburtstag hat.

Für den Handel ist die Weihnachtszeit die Wichtigste und er nimmt keinerlei Rücksicht auf den Sinn des Weihnachtsfestes, im Gegenteil. So hat schon bald jede Kette ihren eigenen Weihnachtsmann, ob in blau, lila oder als sexy Frau. Die Weihnachtsmärkte sind vieler Orts reine Volksfeste, nur die Beleuchtung ist etwas anders, wegen der Stimmung.

Gegen diesen Weihnachtskonsum gibt es eine weltweite Bewegung, die 1992 in Kanada gegründet wurde und immer mehr Anhänger findet. Die Aktivitäten sind auf der Seite http://www.buynothingchristmas.org/ nachzulesen.

Wie schön nimmt sich da Sylvester aus. Ganz schnell kann man da die Hürde “Weihnachtsstress und schlechtes Gewissen” hinter sich lassen. Es feiert sich einfach ungezwungener, weil man sich in der Regel nichts schenkt. Man feiert zusammen und sorgt für gutes Essen, spült die vergangenen Tage einfach hinunter und blickt dabei nochmal zum Weihnachtsbaum in der Ecke.

Ist es Mitternacht und die ersten Raketen steigen in den Himmel wünscht man sich etwas, für andere und für sich. Für diesen Augenblick entstehen nochmal Unsicherheiten. War es der richtige Wunsch, habe ich alle Wünsche bedacht, gehen sie in Erfüllung? Das richtige Wünschen ist so eine Sache und wird zu einem späteren Zeitpunkt behandelt. Wie sagte eine gute Herzensfreudin einmal zu mir: “Wenn es keine Wünsche mehr gibt, so ist man leer.”

Und kaum wird am nächsten morgen das letzte Sektglas abgespült, wird im Laden nebenan schon alles auf Fasching und Karneval umgestellt und die Bestellung für Ostern fertig gemacht.

Und wie war es bei mir?
Zu Weihnachten sehr ruhig, wie schon letztes Jahr und einige Jahre zuvor.
Wir genossen ein gutes Essen und freuten uns über den Schnee.
Auch war ich auf dem Weihnachtsmarkt und habe die obligatorische Bratwurst gegessen. Sie wurde mir nicht anders serviert als zu anderen Zeiten, im Gegenteil, sogar etwas hektischer.
Aber ich habe diese Wurst genossen, mich in eine Ecke gestellt und dem Treiben zugesehen.
Alle Karten waren verschickt und das einzige Geschenk war auf dem Postweg.
Die Mails waren bis auf eine Besondere geschrieben.
Eine Schneeflocke, die sich mitten auf die Nase setzte, holte mich aus dem sinnieren heraus und ich begab mich wieder in die stetig vorwärts strebende Schlange.

Ich wünsche allen Lesern einen guten Start in das neue Jahr.
Mehr zu wünschen vermag ich nicht, denn Wünsche könnten in Erfüllung gehen und somit auch schnell zum Eigentor werden.

Guten Start in das neue Jahr
Einen guten Start in das neue Jahr

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