Schamhaarorakel

Roland Engert

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Aus der privaten Ecke

erstellt am:

Locke für Locke legte sich ins Waschbecken und bildete ein Muster. Heute war Radikalschnitt der Schamhaare angesagt. Nicht dass ich diese ins unendliche wuchern lasse, aber nach einer bestimmten Zeit ist es halt fällig. Hoppla dachte ich, ein Zeichen.

Ich flitzte, wie ich war, über den Flur, vorbei an großen Katzenaugen zum Bücherregal, in dem Wissen und Unwissen versammelt ist. “Symbole, Symbole, Symbole” sprach ich vor mich hin, während der Zeigefinger mithalf die Buchrücken abzusuchen. In der Ecke mit den Büchern, die man eher versteckt hält, wenn man nicht direkt eingeliefert werden will, fand ich neben Titeln wie “Nie mehr essen kaufen, satt werden mit Licht” und “Der Weg zum Großmeister” das große Buch der magischen Symbole.

Es gibt immer wieder Phasen in denen mich bestimmte Themen in Beschlag nehmen, Themen wie Wiedergeburt, Karma, universelle Gesetze, Ober- und Unterbewusstsein und Vielerlei aus diesem Bereich.

Da ist es, das Symbol das meine Schamhaare so locker ins Becken geworfen haben. Den Kaffeesatz von gestern habe ich mir auch aufgehoben, wollte ihn heute lesen. Schnell das Buch geschnappt und zurück ins Bad. Alles hätte auch gut gehen können, tat es aber nicht. Heute kam die Putzfrau, hatte ich vergessen. Die Türe ging auf und ein kalter Windzug, der mich daran erinnerte, dass ich im Adamskostüm unterwegs war, ging durchs Haus. Zu spät kam ich ans Waschbecken, der Windhauch war schneller. War das vorher nicht anders? Ich war mir sicher, dass es ein indisches Symbol für erfüllte Erotik war, oder zumindest das Zeichen der Venus. Jetzt sah es aus wie Unglück, Pech in der Liebe oder Gerede in der Nachbarschaft. Ich beschloß, dass es aussah wie bedeutungslose Striche auf weißem Untergrund. Immerhin hatte ich ja noch mein Kaffeesatzorakel… wäre da nicht die Putzfrau gewesen.

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