Der Spinat ist tot, es lebe der Brokkoli

Roland Engert

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Aus der privaten Ecke

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Brokkolipizza

Als Kind war Spinat in der Bandbreite lecker bis ungenießbar angesiedelt. Lecker war er bei Mutter und Oma. Die konnten kochen wie Halbgötter. Nur aus diesen Händen war für mich Spinat genießbar. Fast überall woanders hasste ich diese grüne Suppe die sich über Spiegelei und Kartoffelbrei breit machte. Langsam floß er über den ganzen Teller wie eine unaufhaltsame Seuche die alles zu verschlingen droht. Das was vorher gesund und genießbar aussah wurde zu Tierfutter.

Vermeidet positive Aussagen über den Spinat

An dieser Stelle ist eine Warnung an alle Kinder angebracht. Sagt niemals irgendwo dass euch der Spinat bei Mutter oder Oma gut schmeckt. Ab diesem Moment bekommt ihr Spinat aufgetischt dass man darin ertrinken könnte. Dieser Satz, dass Spinat bei Mutter oder Oma gut schmeckt fordert jede Tante heraus um mindestens genauso gut zu kochen. Nicht Schnitzel mit Pommes wie es sich eine gesunde Kinderseele wünscht, nein Kartoffelbrei mit Spinat. Ganze Heerscharen an Tanten versuchten sich an Spinat und blicken gespannt auf deine Lippen in der Hoffnung ein dickes Lob kommt über die selbigen.

Achtung Tanten! Diplomatie ist gefragt

Achtung Falle – mehr noch – Achtung Zwickmühle. Sagt man als Kind aus Höflichkeit es hat gut geschmeckt jauchzen die Tanten innerlich und du kannst gewiß sein, das nächste Mal gibt es Spinat. Sagt man das war nicht gut, kann man gewiß sein dass das Ansporn ist das nächste Mal einen besseren Spinat zu kochen.

Aus dieser Falle kommt man nur, wenn man eine Spinatallergie vortäuscht. Das allerdings hat zur Folge, dass du Mutter und Oma vor den Kopf stößt. Oder man wendet alle Diplomatie an und erzählt sowas wie “Tante, du kannst aber gut kochen. Ich würde bei dir gerne mal Pommes mit Schnitzel probieren”.

Aufgemerkt, es kommt ein Tipp fürs Leben – versucht den Gegenüber ein innerliches Ja sagen zu lassen, nehmt den Gegenüber in die Verpflichtung. Konsequenz aus dieser Erkenntnis – unbedingt vor dem nächsten Tantenbesuch anrufen: “Tante – ich freue mich auf Pommes mit Schnitzel – bis dann”. Auf keinen Fall auf eine Spinatdiskussion einlassen, notfalls eine schlechte Verbindung vortäuschen. Einer Tante auf Spinatmission unterliegst du in einer Diskussion.

Es grünt weiter – Brokkoli, das Moos auf deinem Teller

Die Spinatzeiten waren hinter mir und ich dachte dass das Leben auf Jahrzehnte glücklich verlaufen würde. Doch da habe ich die Rechnung ohne Brokkoli gemacht. Jede Freundin wollte was mit Brokkoli, sei es auf der Pizza oder im Auflauf, sogar Schnitzel mit Brokkoli war darunter. Es kommt mir so vor, als ob irgendwelche Frauenzeitschriften schreiben, dass man mit Brokkoli eine wunderbare Bikinifigur bekommt. Anders kann ich mir die Verzweiflungstat sich Brokkoli auf eine Pizza zu legen nicht erklären.

Wenn ich in dieses grüne Zeug beiße werde ich das Gefühl nicht los dass ich ein Stück Moos aus dem deutschen Wald zwischen den Zähnen habe. Dort will ich das Zeug eigentlich auch belassen, das runterschlucken zögere ich immer hinaus. Vielleicht ist das der Erfolg der Bikinifigur, man kann das Zeug nicht essen. Aber verdammt nochmal, ich will keinen Bikini tragen mir genügt eine Badehose. Alles andere würde mir Mutter und Oma sowieso nicht verzeihen.

Zu guter letzt

Ein paar Tipps wie man um den einen oder anderen Brokkoli herum kommt. Ich mache einen auf Gesundmensch und kaufe einen Brokkoli. Das bringt Pluspunkte und bringt mindestens ein Küsschen. Der Trick ist der, dass es den Brokkoli nicht gleich gibt, sondern in 2 oder 3 Tagen. Immer wenn es geht lege ich das moosartige Gebilde unbemerkt in die Sonne oder an einen warmen Platz. Innerhalb von 2 Tagen bilden sich gelbe Spitzen und der Brokkoli steht kurz vor der Blüte.

Du willst ein zweites Küsschen? Dann sage dass es schade um den Brokkoli ist, du hättest so gerne einen Brokkoliauflauf gemacht. Vergesse nicht ein enttäuschtes Gesicht zu machen. Der Trost ist dir sicher. Aber das wäre nur ein halber Plan, denn natürlich hat man Ersatz parat – Schnitzel mit Pommes.

Sollte der Plan mal nicht aufgehen und man kommt nicht drum herum Brokkoli als vermeindliche Mahlzeit einzunehmen – Brokkoli ist gesund. Vor allem heilt er die Lunge wie neueste Studien ergeben haben. Ich huste mir selbige zwar immer aus dem Leib wenn ich Brokkoli esse, aber möglicherweise ist das sowas wie eine einsetzende Spontanheilung.

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