Es gibt kaum etwas nutzloseres als eine einzelne Socke, außer vielleicht eine Strumpfhose mit nur einem Bein.
Die sockenfressende Waschmaschine ist eines der umstrittensten Themen die es gibt. Führende Wissenschaftler auf der ganzen Welt forschen an diesem ungeklärten Phänomen.
Beim weltweiten internationalen Kongress Imsacf “mismatched socks – a cold foot” wurden Thesen und Theorien heiß diskutiert. Doch je mehr geforscht wird desto mehr Fragen eröffnen sich. “Wir sind noch viele Jahre von einem belastbaren Beweis entfernt”, soVictor Kaas, Leiter eines eigenen Labors und Organisator des Kongresses.
Noch nie waren soviele Vertreter der Disziplinen Mathematik, Physik und Tote-Materie-Soziologie anwesend. Alchemisten, Philobesoffen und Verschörungspraktiker gaben sich die Klinke in die Hand.
Die Socke die verschwunden ist, ist nicht verschwunden, sie hat lediglich einen anderen Zustand erreicht. Da auf dieser Erde nichts verloren geht (außer meine Socken, Schlüsselbund und Feuerzeug) kann sie sich nur in Energie umgewandelt haben. Die Socke ist also nicht verloren, sie ist nur nicht mehr so nutzbar wie vorgesehen. (Als Sockenbesitzer würde ich natürlich gerne Wissen, wer jetzt meine Sockenenergie besitzt).
Diese Theorie der Energieumwandlung ist sehr umstritten, denn ab 50g Socken entstehen Strahlungswerte, die unbedingt eines Strahlenschutzanzuges bedürfen. Als ergänzende Theorie wird ins Feld geführt, dass es vermutlich einen Absaugschlauch für die Energie gibt und man will bis zum nächsten Treffen prüfen, ob jeder Schlauch an der Waschmaschine auch tatsächlich nur für Ab- und Zuwasser benutzt wird.
Die schlichte, an der Grenze des Brainburnouts angesiedelte Theorie “Was zusammen gehört wird zusammen finden”, schließen sich viele Philobesoffenen und Soziologen an. Dabei wird davon ausgegangen, dass nicht das Paar Socken einen soziologischen Verbund bildet, sondern die Socke ein unentbehrlicher und schmerzhaft abgetrennter Teil einer Strumpfhose ist, die nun als unglückliche Legging unterwegs ist. Der Phantomschmerz der Legging sendet auf einer für uns Menschen nicht hörbaren Frequenz Signale aus, die den abgetrennten Teil, auch Socke genannt, in einen hochfrequenten Zustand versetzt und für uns unsichtbar macht. Beim öffnen der Waschmaschine entschwindet das für unsere Augen unsichtbare Frequenzbündel in Richtung der Legging.
Allerdings ist es trotz hochempfindlicher Geräte und Fotofallen bisher noch nicht gelungen, eine Vereinigung von Socke und Legging zu beobachten. Man arbeitet an einem besseren Versuchsaufbau, denn die Methode mit einer Legging durch die Lande zu fahren und im richtigen Augenblick in der Nähe einer Waschmaschine zu sein, in der gerade der fehlende Teil der Legging gewaschen wird verspricht für die Zukunft keine guten Aussichten auf Erfolg.
Das Loch im Raum-Zeit-Kontinuum ist ein Forschungsfeld in dem sich nur die Hartgesottenen bewegen. Noch kämpft man mit der Heisenbergschen Unschärfetheorie, vor allem bei höheren Umdrehungszahlen. Man kann nicht zu jedem Zeitpunkt den konkreten Aufenthaltsort der Socke in der Waschmaschine bestimmen. Jedoch steht für diese Forschergruppe fest, dass das Loch seinen Ausgang in der Mitte der Waschmaschinentrommel nimmt, wo man Mikrogravitation vermutet. Dass die Experimente mit Löchern im Raum-Zeit-Kontinuum nicht ungefährlich sind, beweisen die Versuchshamster, die den Waschvorgang nicht überlebten, wenn sie auch nur in die Nähe der Mikrogravition kamen. Bis zur nächsten Konferenz möchte ein Wissenschaftler ein Loch im Raum-Zeit-Kontinuum mitbringen und somit den wissenschaftlichen Beweis antreten.
Weniger spektakulär, aber einen interessanten Ansatz bietet die Obsoleszenz. Das ist eine von der Industrie praktizierte künstliche Veralterung der Ware oder die Verkürzung des Gebrauchswertes um den Konsum anzuregen. So werden zum Beispiel Glühbirnen nicht für 2000 Stunden und mehr gebaut, wie leicht möglich, sondern man verpasst ihnen eine Lebensdauer von 1000 Stunden. Ebenso ist es mit den Druckern, die einfach den Dienst nach einer bestimmten Anzahl an ausgedruckten Seiten einstellen, obwohl der Drucker noch in Ordnung ist.
Auf diesen Tatsachen aufbauend geht man von einer künstlichen und gewollten Verschrumpelung aus. Es werden immer wieder, so die Theorie, in der Fabrik Socken aus Schrumpelmaterial den normalen Socken hinzu gefügt. Das Ziel ist es, dass der Endverbraucher der die Waschmaschine öffnet den Eindruck gewinnt, 2 verschiedene Socken vor sich zu haben. Hat er das Gefühl ihm sind 2 Socken abhanden gekommen schreitet er unverzüglich zum Panikkauf. In Wahrheit befindet sich aber nach wie vor ein komplettes Paar Socken vor seinen Augen. Der leicht verwirrte Redner konnte den Beweis nicht antreten, da er bis jetzt weder Wäscheschrank noch Waschmaschine in seinem Haus gefunden hat.
Als Gastredner bei der Imsacf trat ein Vertreter der Waschmaschinenhersteller auf. Das Geraune im Zuhörersaal schwoll an, als er davon sprach, dass die vermeintlich fehlenden Socken sich nie in der Waschmaschine befanden. Vielmehr sind sie auf dem Weg zur Waschmaschine verloren gegangen, bzw. haben diese Socken den Weg nie angetreten. Als der Gastredner etwas über Spaltmaße und bauartbedingten Dichtungen erzählen wollte, wurde er ausgepfiffen und als Spinner abgetan. Die Gastrednerschaft wurde ihm auf Lebenszeit entzogen.
Diese Erkenntnisse aus dem Kongress helfen mir nicht weiter. Weiterhin gibt es einen Friedhof der Socken in meinem Schrank, in der Hoffnung, eines Tages würde sich die eine oder andere vermisste Socke wieder einfinden. Ich kann keine Rücksicht auf Mode nehmen und nutze in der Zwischenzeit die Socken momentan als Handschuhe. Als Socken sind sie ja nicht mehr zu gebrauchen. Im März findet eine Parallelveanstaltung zur Imsacf statt, die Imgach – internationaler Kongress der mismatched gloves – a cold hand.